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Die Therapie von mimischen Falten mit Botulinumtoxin A ist ein etabliertes Verfahren. Seit dem 1. Juli 2005 gibt es neben den beiden bereits etablierten Botulinumtoxinen vom Typ A Botulinum® (Vistabel® stellt identische Präparationen dar) und Dysport® mit XEOMIN® ein weiteres Botulinumtoxin-A-Präparat. Botulinumtoxin A Präparate weisen alle den gleichen Wirkmechanismus auf. Die Wirkung geht ausschließlich vom 150 Kilo Dalton Toxinmolekül aus und sie ist bei dem Allergan Produkt (Botulinum®) und dem Merz Produkt identisch, wie im Übrigen auch klinische Studien gezeigt haben. Aufgrund dieser Tatsache sollte auch der erzielbare Effekt und die Wirkdauer bei diesen Präparaten bei gleicher Dosierung vergleichbar sein.
Das Ziel der im Folgenden beschriebenen Untersuchung war es, zu klären, inwieweit mit dem neusten Botulinumtoxin A vergleichbare Ergebnisse in der Faltenbehandlung zu den bisher erhältlich Botuliumtoxin-Präparaten erreicht werden können. Es werden die Erfahrungen mit dem neuen Komplexproteinfreien Botulinumtoxin A (XEOMIN®) bei 40 Patienten vorgestellt. XEOMIN® enthält als einziges Botulinumtoxin-Präparat nur das wirksame Neurotoxin und somit wird neben der guten Verträglichkeit ein geringes Risiko der Antikörperbildung als Vorteil postuliert. Ein weiterer positiver Aspekt ist, dass dieses Präparat bei Raumtemperatur gelagert und transportiert werden kann.
40 Patienten (37 Frauen, 3 Männer) im Alter von 40,8 8,6 Jahren wurden nach der Injektion über 8 Monate beobachtet. Von diesen Patienten wurden bereits 29 schon früher mit Botulinum® behandelt. Wir wenden eine relativ hohe Verdünnung und eine Vielpunktetechnik der Botulinumtoxin-Injektion an. 100 E (Einheiten) des bei Raumtemperatur gelagerten XEOMIN® wurden mit 5 ml NaCl 0,9 % aufgelöst. Für die Behandlung der Glabellafalten wurden 10 Injektionspunkte gewählt. Die Stirnquerfalten wurden mittels 8 bis 10 Injektionspunkten, die seitlichen Orbitafalten je an 3 bis 5 Injektionspunkten, die seitliche Nasenwurzelfalten (Bunny Lines) an 2 Injektionspunkten und Oberlippenfalten mit 3 Injektionspunkten behandelt.
Die Injektionen wurde immer durch den gleichen Behandler (Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie) durchgeführt. Wir injizierten an relativ vielen Injektionspunkten. So gingen wir sicher, dass wir das Medikament an die gewünschten Stellen eingebracht hatte und spekulierten auf keine Diffusion. Nach der Injektion mussten die Patienten die Injektionsstellen 10 bis 15 Minuten lang komprimieren und durften nicht massieren. Sportliche Betätigungen und Saunabesuche waren 3 Tage nach der Behandlung untersagt. So wollten wir sichergehen, dass sich möglichst wenig Substanz unkontrolliert verteilt.
Die Behandlungsdaten wurden in der Patientenakte dokumentiert. Bei der Wiedervorstellung zur nächsten Behandlung wurden die Patienten mittels Fragebogen bezüglich der Wirkung der Behandlung befragt. Die Zufriedenheit bezogen auf den Behandlungseffekt (d. h. Mimik und Faltenwirkung) beurteilten die Patienten nach dem Schulnotensystem. Es wurde der Behandlungseffekt für die verschiedenen Regionen und auch der Gesamteffekt beurteilt. Außerdem wurde nach Komplikationen gefragt. Zusätzlich sollten die Patienten Wünsche bezüglich einer Behandlungsoptimierung angeben. Hier sollten die Wirkdauer, der Schmerz und die Behandlungskosten beurteilt werden.
Alle Patienten zeigten sich mit der Behandlung mittels XEOMIN® sehr zufrieden und stellten sich wieder aus eigener Initiative im Mittel nach 136,5 49,4 Tagen zur nächsten Behandlung vor. Bei keinem Patienten war eine frühe Nachinjektion zur Verbesserung des Ergebnisses erforderlich. Die schon früher mit Botulinum® behandelten Patienten (n=29) konnten keinen Unterschied zu Ihren früheren Behandlungen feststellen.
Die mittlere verabreichte Gesamtdosis von XEOMIN® betrug 43,15 E pro Patient.
Die häufigste Behandlungsregion (n=37) war die Glabella. Hier wurde im Mittel 20,9 E injiziert.
Am zweithäufigsten behandelten wir Stirnquerfalten mit im Mittel 14,6 E. Bei 28 Patienten wurden Orbitafalten mit im Mittel 8,9 E pro Seite behandelt. Seltener war die Behandlung von Falten an der Nasenseite und der Oberlippe (siehe Tabelle).
Die höchste Zufriedenheit zeigte sich bei der Behandlung der Glabellafalten mit der mittleren Benotung von 1,36, gefolgt von den Stirnquerfalten mit 1,38. Bei den Orbitafalten gab es als schlechteste Einzelbeurteilung auch die Note 3, im Mittel aber ergab sich eine 1,96.
Es traten keine Komplikationen ein. Lediglich 2 Patienten berichteten über ein winziges Hämatom an einem Orbitarand. 2 Patienten berichteten über kurze Kopfschmerzen in der anfänglichen Wirkphase. Als positive Nebenwirkung berichteten dagegen 5 Patienten über die Besserung ihrer chronischen Kopfschmerzen. Bei 4 Patienten wurde nach ausreichender Schwächung der Muskelaktion eine Faltenunterspritzung mit Hyaluronsäure (Belotero) durchgeführt. 3 der Patienten gehörten zu der Gruppe der erwähnten 5 Kopfschmerzpatienten.
35 % der Patienten wünschten sich eine noch weniger invasive Behandlung und gaben an, unter den Injektionsnadelstiche zu leiden. 87,5 % wünschten eine längere Wirkdauer der Faltenbehandlung. Unterschiede zu früheren Behandlungen konnten sie aber nicht feststellen. 95 % der Patienten erhofften für die Zukunft geringere Behandlungskosten. Trotzdem waren alle Patienten sehr zufrieden und führten die Behandlung weiter, da sie keine Behandlungsalternativen für ihre ästhetischen Wunschvorstellungen sahen.
Unterschiedliche Ergebnisse nach der Anwendung von Botulinumtoxin-Präparaten können sowohl mit der Injektionstechnik, der injizierten Menge des Toxins sowie dem Verdünnungsgrad zusammenhängen. Auch können Antikörper gegen das Botulinumtoxin, die auch nach ästhetischer Anwendung gebildet werden können, für ein schlechtes Ergebnis verantwortlich sein.
Für ein erfolgreiches Behandlungskonzept ist ebenfalls die ausreichende Patientenaufklärung und das Versprechen eines realistisches Behandlungsergebnis entscheidend.
Bei der Behandlung mit Botulinumtoxin kann laut Literatur grundsätzlich nicht von einer 100 prozentigen Responderrate ausgegangen werden. Ebenso kann die Dauer der Wirkung variieren. Beschrieben ist dieser Sachverhalt zum Beispiel auch in der Fachinformation von Vistabel®. Dort werden die erhobenen klinischen Daten u. a. folgendermaßen beschrieben: „30 Tage nach der Injektion hatten nach Auffassung der Prüfärzte 80 % (325 von 405) der mit Vistabel® behandelten Patienten auf die Behandlung reagiert.“ 20 % der Patienten waren also nach Auffassung der Ärzte auch in dieser Studie Nonresponder. Die Ursache hierfür ist nicht genau bekannt, möglicherweise begründet sich die Nonresponse durch die Injektionstechnik oder auch durch eine Antikörperbildung.
Im eigenen Patientengut haben wir noch keinen Therapieversager erlebt. Dies gilt für die Anwendung von den beiden bereits lang etablierten Botulinumtoxinen vom Typ A Botulinum® und Dysport® sowie ebenfalls für die Anwendung des neuen Botulinumtoxin-A-Präparates XEOMIN®. Nach unserer Meinung ist die Verteilung einer ausreichenden Menge der Substanz auf viele Injektionspunkte für eine erfolgreiche Therapie entscheidend. Die Verteilung der Substanz ist hiermit genauer möglich, da durch die aktive Verteilung auf viele Injektionspunkte der unkalkulierbare Faktor der Diffusion als Zufallsfaktor begrenzt wird. Eine relativ hohe Verdünnung vereinfacht hierbei die präzise Injektion.
Die Therapie mit XEOMIN® kann erfolgreich analog unserem Behandlungskonzept mit Botulinum® durchgeführt werden. Die Faltenbehandlung mit XEOMIN® zeigt sich mit unserem Therapieschema als sicher und zuverlässig. Die Lagerung und der Transport bei normalen Raumtemperaturen vereinfacht das Handling mit dem Präparat. Dass die gelöste Substanz laut den offiziellen Herstellerangaben bei einer Kühlung zwischen 2 und 8 Grad Celsius über 24 Stunden anwendbar ist, hat sich ebenfalls als Vorteil herausgestellt. Vom 1.7.05 bis 31.3.07 führten wir in unserer Klinik über 350 Behandlungen mit XEOMIN® durch. Bis heute konnten wir noch keine negativen Nebenwirkungen, Resistenzen oder Therapieversager beobachten. Ob langfristig die Tendenz zur Antikörperbildung verringert ist, muss in Langzeitstudien evaluiert werden.
Autor:
Dr. med. Ramin Khorram
Leitender Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie
c/o Herzog Karl Klinik Stuttgart GmbH
Hohenzollernstr. 7-9
70178 Stuttgart